Presse, Neuigkeiten

Pressegespräch Corona-Pandemie

Lageeinschätzung am 9. April

Interviewpartner

  • Prof. Dr. med. Michael Geißler, Geschäftsführer
  • Prof. Dr. med. Martin Bentz, Klinikdirektor Medizinische Klinik III
  • Elvira Schneider, Pflegedirektorin
     

Themenschwerpunkte

  • Einschätzung zur Lage bundesweit
  • Einschätzung zur Lage in der Region
  • Aktuelle Situation im Klinikum Karlsruhe
     

Einschätzung zur Lage bundesweit

Das Robert-Koch-Institut weist bei seinem aktuellen Lagebericht darauf hin, dass bei der Interpretation der Fallzahlen rund um die Osterfeiertage und -ferien zu beachten ist, dass aufgrund der Ferienzeit weniger Personen einen Arzt aufsuchen, wodurch auch weniger Proben genommen und weniger Laboruntersuchungen durchgeführt werden. Dies führt dazu, dass weniger Erregernachweise an die zuständigen Gesundheitsämter gemeldet werden.

Der 7-Tage-R-Wert liegt derzeit unter 1, wobei der Einfluss der Osterfeiertage zu beachten ist. Die COVID-19-Fallzahlen stiegen in den letzten Wochen in allen Altersgruppen wieder an, besonders stark jedoch bei Kindern und Jugendlichen, von denen auch zunehmend Übertragungen und Ausbruchsgeschehen ausgehen. Auch bei den über 80-Jährigen hat sich der wochenlang abnehmende Trend nicht fortgesetzt. In den meisten Fällen ist der Infektionsort nicht bekannt. COVID-19-bedingte Ausbrüche betreffen momentan insbesondere private Haushalte, zunehmend auch Kitas, Schulen und das berufliche Umfeld, während die Anzahl der Ausbrüche in Alters- und Pflegeheimen abgenommen hat.

Die britische Variante VOC B.1.1.7 ist bundesweit nach wie vor die dominierende SARS-CoV-2-Variante. Das ist nach Einschätzung des RKI besorgniserregend, weil die VOC B.1.1.7 nach bisherigen Erkenntnissen deutlich ansteckender ist und vermutlich schwerere Krankheitsverläufe verursacht als andere Varianten. Zudem vermindert die zunehmende Verbreitung und Dominanz der VOC 1.1.7 die Wirksamkeit der bislang erprobten Infektionsschutzmaßnahmen erheblich.

Am 9. April wurden dem RKI insgesamt 25.464 Neuinfektionen gemeldet. Die bundesweite 7-Tage-Inzidenz liegt bei 110,4. Die Zahl der gemeldeten Todesfälle in Zusammenhang mit einer COVID 19-Erkrankung lag bei 296.


Einschätzung der Lage in der Region und im Klinikum Karlsruhe

7-Tage-Inzidenz Karlsruhe Stadt 100 und Landkreis Karlsruhe 107,6 (Stand 09.04.2021)
Corona-Portal Karlsruhe

Auch die regionalen Infektionszahlen sind aufgrund der Osterfeiertage und Ferienzeit nur bedingt belastbar.
 

Städtisches Klinikum Karlsruhe befindet sich weiterhin in der Pandemiestufe 3

Die Auslastung des Städtischen Klinikums bewegt sich auf den COVID Allgemeinstationen wie auch im Bereich der COVID Intensivstation weiterhin auf einem hohen Niveau.

Die zwischen dem 10. März und 5. April vorliegenden positiven Testergebnisse sind zu 86 Prozent auf die britische Variante zurückzuführen.

Aufgrund der Pandemiestufe 3 müssen elektive und nicht dringliche Operationen sowie Interventionen verschoben beziehungsweise abgesagt werden. Die Versorgung von Patientinnen und Patienten mit schweren Erkrankungen wie Schlaganfällen, Herzinfarkten oder onkologische Erkrankungen ist im Klinikum Karlsruhe als Maximalversorger sichergestellt.

Dem Klinikum Karlsruhe bereitet die Versorgung von Menschen mit Nicht-Covid-Erkrankungen mit Andauern des Pandemiegeschehens zunehmend Sorge.

Tagesaktuelle Situation im Klinikum Karlsruhe
Aktuelle Fallzahlen Klinikum Karlsruhe

Aktuelle Personalsituation

Derzeit sind 10 Mitarbeitende im Klinikum Karlsruhe positiv auf SARS-CoV-2 getestet und unterliegen einem durch das Gesundheitsamt erteilten Beschäftigungsverbot.

Im Bereich des Pflege- und Funktionsdienstes fallen aktuell insgesamt rund 130 Mitarbeitende durch Krankheit, Quarantäne oder Beschäftigungsverbot aus. Davon befinden sich 36 Mitarbeitende in Quarantäne oder im Beschäftigungsverbot.

Belastungen der Kliniken – Intensivkapazitäten

Die Belastungen der Intensivstationen nehmen relevant zu. In vielen Regionen Deutschlands inklusive Karlsruhe und Baden liegt die freie Intensivkapazität unter 10 Prozent. Die Modellrechnungen prognostizieren in den nächsten 2 bis 4 Wochen eine Belastung der Intensivstationen, die größer als am Jahreswechsel sein wird. Dies wird Auswirkungen auf die medizinische Versorgung der Gesamtbevölkerung haben.

Drei Maßnahmen sind aus Sicht der Klinik unabdingbar:

  1. Konsequente Umsetzung der beschlossenen Lockdown-Maßnahmen: Bei weiter steigenden Inzidenzzahlen, Todesfällen, Belastungen der Intensivstationen Verschärfungen der Maßnahmen z.B. durch Ausgangssperren. Keine Modellversuche wie in Bayern und im Saarland in der ansteigenden 3. Welle.
  2. Effiziente Teststrategien: Die bisherigen Maßnahmen von Bund und Land sind unzureichend. Es wird eine Testpflicht in Betrieben und Schulen mindestens 2 Mal, besser 3 Mal pro Woche gefordert. Betriebe und Schulen sind aktuell die Treiber der Pandemie neben dem privaten Umfeld.
  3. Impfstrategie: Bei weiterhin nicht ausreichenden Impfstoffmengen sollte aus Sicht der Kliniken der Fokus klar auf die möglichst breite Erstimpfung mit Streckung der Intervalle zur Zweitimpfung auf z.B. 12 Wochen gelegt werden. Damit lassen sich hochsignifikant die Anzahl schwerer Verläufe senken und die Belastung der Intensivstationen und der Kliniken sinkt relevant. Außerdem wird die Entstehung sogenannter Fluchtmutationen reduziert, die oft mit aggressiveren Virusstämmen einhergehen. Eine Durchimpfung eines Großteils der Bevölkerung bis zum 1.7. scheint mit diesem Konzept realistisch. Es wird gefordert, dass die STIKO hier Abstand von den strengen Zulassungsempfehlungen der EMA nimmt.
Autor: Petra Geiger