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Krankenhausstrukturgesetz: Qualitätsverbesserungen mit finanziellen Kürzungen? Die Quadratur des Kreises!

Das Städtische Klinikum Karlsruhe setzt sich zusammen mit den anderen Karlsruher Kliniken (St. Vincentius-Kliniken, Ev. Diakonissenanstalt Karls-ruhe-Rüppurr und Paracelsus Klinik Karlsruhe) gegen das „Gesetz mit Nebenwirkungen“ zur Wehr.

Die finanzielle Lage der Krankenhäuser ist aufgrund schwieriger Rahmenbedingungen bundesweit seit langem angespannt. Die „Schere“ zwischen nicht beeinflussbaren Kosten- und möglichen Erlössteigerungen öffnet sich von Jahr zu Jahr weiter.
Um eine gute medizinische und pflegerische Versorgung der Patienten nicht nachhaltig zu gefährden, müssten Fehlentwicklungen in der Krankenhausfinanzierung korrigiert und die Krankenhäuser dauerhaft in die Lage versetzt werden, tariflich gebundene Gehälter an ihre Beschäftigten zahlen zu können, ohne im Gegenzug negative Jahresabschlüsse hinnehmen zu müssen.

Hierzu benötigen die Krankenhäuser eine Krankenhausfinanzierung, die die erbrachten Leistungen der Kliniken auch angemessen vergütet und sie in die Lage versetzt, ihr umfassendes Leistungsangebot auch weiterhin gewährleisten zu können sowie eine verlässliche Investitionskostenfinanzierung.

Am 10.06.2015 hat das Bundeskabinett den Regierungsentwurf des Krankenhaus-Strukturgesetzes (KHSG) beschlossen, der jedoch - statt zu einer dringend notwendigen Verbesserung der Krankenhausfinanzierung - zu weiteren Kürzungen führen wird, obwohl im Jahr 2014 45,4 % der Krankenhäuser in Baden-Württemberg rote Zahlen geschrieben haben.

Eine verlässliche Finanzierung der Investitionskosten ist im Gesetzesentwurf ebenfalls nicht vorgesehen; das Gesetz schreibt lediglich fest, dass die seither niedrigste Finanzierungsrate der letzten 3 Jahre nicht unterschritten werden soll. Damit drohen die schlimmsten Befürchtungen der Krankenhäuser wahr zu werden, da auf dieser Grundlage die Kostensteigerungen aufgrund von Lohnerhöhungen beim Personal über Erlössteigerungen schlechterdings nicht finanzierbar sind. Die „große Krankenhausreform“ lässt die von der Politik angestrebte und in der Praxis dringend notwendige Verbesserung bei der Refinanzierung der Personalkosten nicht zu.

Aus diesen Gründen sehen die Geschäftsführer der Karlsruher Kliniken die Reformpläne der Bundesregierung äußerst kritisch. Statt die Versorgung des Patienten in den Mittelpunkt zu stellen und die Strukturprobleme zwischen den Sektoren ambuant–stationär vor allem in der Notfallversorgung zu lösen oder die massive Belastung der Mitarbeitenden und die Unterfinanzierung anzugehen, geht es um Kostenreduktion.

Die großen Zukunftsfragen Demografie, medizinischer Fortschritt, die steigenden Ansprüche von Patienten und der Arbeitskräftemangel bleiben unbeantwortet. Ebenso die unstrittige Problematik der Investitionsfinanzierung. Wenn die Länder ihre gesetzliche Aufgabe der Finanzierung von Investitionen der Krankenhäuser einfach weiterhin ignorieren, obwohl die Krankenhäuser ihr Personal und die bauliche und medizinische Weiterentwicklung bezahlen müssen, werden die Krankenhäuser gezwungen, Leistungen zu rationieren. Eine ungeliebte Angelegenheit, die die Bundes- und Landespolitik lieber delegiert. Sie delegiert diese Entscheidung an die Kliniken mit den negativen Folgen für die Ärzte und Pflegekräfte vor Ort, die dann sehen müssen, wie sie ihre begrenzt zur Verfügung stehenden Ressourcen verteilen.  

Die drei wesentlichen Problembereiche des Krankenhauswesens sind damit weiterhin ungelöst: Die Finanzierung der Betriebskosten einschließlich Personalbedarf, die Bereitstellung von Investitionsmitteln und die Finanzierung der Notfallambulanzen. Stattdessen werden eine überzogene Bürokratie und zunehmende Kontrolle die medizinische Leistungsfähigkeit der Krankenhäuser weiter einschränken.

Aus Sicht von Markus Heming, Kaufmännischer Geschäftsführer im Klinikum Karlsruhe, hat der Entwurf sein Ziel verfehlt. „Weil bei der stationären Versorgung gespart wird, ist es weiter schwierig, die ständig steigenden Betriebskosten zu refinanzieren.
Wir spüren den demografischen Wandel deutlich – wir haben mehr Patienten, die immer häufiger Mehrfacherkrankungen haben. Insofern ist es paradox, wenn die statio-näre Versorgung allein durch den Wegfall des Versorgungszuschlages in Baden-Württemberg um ca. 60 Mio. Euro pro Jahr gekürzt wird – genau da, wo das Geld dringend fehlt.“

Bei der Gründung der Bund-Länder–Arbeitsgruppe ging es ursprünglich darum, die Krankenhausfinanzierung zukunftsfest zu machen und die bekannten Probleme zu lösen:
- Die Finanzierung der Betriebskosten mit nicht refinanzierten Tarifsteigerungen und eine angespannte Situation im Personalbereich
- Die extreme Unterfinanzierung der Notfallambulanzen.
- Die mangelnde Bereitstellung von Investitionsmitteln durch die Länder.

„Das größte Manko der Reform ist, dass die Länder nicht in die Pflicht genommen werden und wir auch weiterhin nicht auf eine verlässliche Investitionskostenfinanzierung bauen können. Dies ist besonders in unserer aktuellen Situation mit Blick auf die anstehenden Baumaßnahmen sehr problematisch“, so Hans-Jürgen Hennes, Medizinischer Geschäftsführer im Klinikum Karlsruhe. „Die Länder sind für die Krankenhausplanung und die Investitionskostenfinanzierung zuständig, aber gleichwohl erhalten die Kliniken schon seit Jahren zu wenig Geld für dringend erforderliche Baumaßnahmen und neue medizinische Geräte.“  Aus Sicht von Hennes sei dies einer der elementaren Gründe für die prekäre Situation der Krankenhäuser.

Autor: Sophie Jukic