Presse, Neuigkeiten

Pressegespräch Corona-Pandemie

Lageeinschätzung vom 5. November

Interviewpartner

  • Prof. Dr. med. Michael Geißler, Geschäftsführer
  • Elvira Schneider, Pflegedirektorin

 

Themenschwerpunkte

  • Einschätzung zur Lage bundesweit
  • Einschätzung zur Lage in Baden-Württemberg und der Region
  • Aktuelle Situation im Klinikum Karlsruhe

 

Einschätzung zur Lage bundesweit

Für den 5. November meldet das Robert Koch Institut mit 37.120 Neuinfektionen den zweiten Tag in Folge einen neuen Höchstwert. Die bundesweite 7 Tage-Inzidenz steigt auf fast 170. Deutschlandweit wurden binnen 24 Stunden 154 Todesfälle verzeichnet. Aus dem Lagebericht des RKI vom 4.11. geht hervor, dass die Zahl der in Kliniken aufgenommenen Corona-Patienten je 100.000 Einwohner in sieben Tagen bei 3,73 liegt. Insgesamt haben 69,6 % der Bevölkerung mindestens eine Impfung gegen COVID-19 bekommen. 66,9 % wurden bereits vollständig gegen COVID-19 geimpft.

In der Meldewoche (MW) 43/2021 ist die 7-Tage-Inzidenz im Vergleich zur Vorwoche erneut deutlich in allen, auch in den höheren Altersgruppen angestiegen. Ein sprunghafter Anstieg ist in der aktuellen Woche in der Altersgruppe zwischen 10 und 14 Jahren von 240 auf 356 pro 100.000 zu beobachten. In den Altersgruppen zwischen 5 und 24 Jahren sowie 40 und 44 Jahren liegt die 7-Tage-Inzidenz nun bei über 200 pro 100.000 Einwohnern.

Das RKI bewertet die aktuelle Entwicklung als sehr besorgniserregend, und befürchtet, dass es zu einer weiteren Zunahme schwerer Erkrankungen und Todesfälle kommen wird und die verfügbaren intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten überschritten werden können.

Einschätzung der Lage in Baden-Württemberg und der Region

Die 7-Tage-Inzidenz beträgt am 4. November in Baden-Württemberg 193,1 pro 100.000 Einwohner. Die 7-Tage-Inzidenz für COVID-19 Fälle mit einer abgeschlossenen Impfserie (zweimal geimpft oder mit Janssen geimpft) beträgt 50,7/100.000 Einwohner, gegenüber 458,2/100.000 Einwohner für Ungeimpfte, nicht vollständig geimpfte COVID-19 Fälle und Fälle ohne Angaben zum Impfstatus.

Der Anteil der Infizierten > 60 Jahre an allen Fällen innerhalb der letzten 7 Tage beträgt 15%, der Anteil der Kinder und Jugendlichen (0 - 19 Jahre) 25 %.

Nach Daten des DIVI-Intensivregisters von Krankenhaus-Standorten mit Intensivbetten zur Akutbehandlung sind Stand 4. November 308 COVID-19-Fälle in Baden-Württemberg in intensivmedizinischer Behandlung, davon werden 155 invasiv und 105 nichtinvasiv beatmet. Der Anteil an COVID-19 Fällen in intensivmedizinischer Behandlung an der Gesamtzahl der betreibbaren ITS-Betten beträgt 21%. Die Hospitalisierungsinzidenz liegt bei 4%.

Aufgrund der anhaltend hohen Belegung von Intensivbetten mit COVID-19-Patient*innen hat das Landesgesundheitsamt gemäß der Corona-Verordnung zum 3. November die Warnstufe ausgerufen.

Stand 5. November liegt der Inzidenzwert für Karlsruhe Stadt bei 143,6 und im Landkreis bei 185,7 (https://corona.karlsruhe.de/aktuelle-fallzahlen).

Die Stadt Karlsruhe geht in den nächsten Tagen von stark steigenden Infektionszahlen aus. Nach Angaben des Verwaltungsstabs ist die Fallzahlentwicklung in der laufenden Woche auf das zurückliegende verlängerte Wochenende zurückzuführen, da weniger Tests durchgeführt wurden.

Die Lage in den Kliniken im Stadt- und Landkreis Karlsruhe ist aufgrund der stark begrenzten Personalressourcen kritisch. In einigen umliegenden Kliniken kann die Regelversorgung nicht mehr wahrgenommen werden und die Notfallversorgung wurde eingeschränkt. Im Cluster Karlsruhe sind aktuell nur noch 8 von 158 Intensivbetten frei (5%).

Erschwerend kommt hinzu, dass die derzeitigen Vorgaben des Landes keine Verlegung von Corona-Patienten außerhalb Baden-Württembergs in weniger stark ausgelastete Bundesländer vorsehen.

Aktuelle Situation im Städtischen Klinikum Karlsruhe

Derzeit befindet sich das Klinikum in Pandemiestufe 3.

Rund 67 Prozent aller aktuell im Klinikum behandelten COVID-Patient*innen sind nicht oder unvollständig geimpft beziehungsweise verfügen über einen unklaren Impfstatus. Bei den Intensivpatient*innen zeigt sich ein noch deutlicheres Bild. Hier sind nahezu alle nicht oder unvollständig geimpft beziehungsweise verfügen über einen unklaren Impfstatus. Das Alter der derzeit intensivmedizinisch betreuten COVID-19-Patient*innen liegt zwischen 53 und 72 Jahren. Die Mortalität der COVID- Intensivpatienten liegt aktuell bei 36%.

Weil die Kapazität im Intensivbereich durch den Mangel an Intensivpersonal eingeschränkt ist (rund 35 Prozent der Betten sind gesperrt), wird die maximale Auslastung des Klinikums im Vergleich zu vorangegangenen Wellen deutlich früher erreicht. Es müssen erneut planbare Operationen und Eingriffe verschoben werden. Die Versorgung von non-COVID Patient*innen bereitet dem Klinikum zunehmend Sorgen.

Wir versuchen in Kooperation mit den umliegenden Krankenhäusern, Corona-positive Patient*innen mit Mehrfacherkrankungen in andere Häuser zu verlegen, um auf der Intensivstation die Kapazitäten für Notfälle wie Herzinfarkt- oder Schlaganfallpatient*innen aufrechtzuerhalten. Dies gestaltet sich aufgrund der Auslastung der Kliniken zunehmend schwierig. Verlegungsmöglichkeiten bei unkompliziert erkrankten Patienten in weniger belastete Bundesländer sind für uns dringlich.

Die Zentrale Notaufnahme erlebte im September und Oktober einen regelrechten Ansturm. Die Patientenzahlen bewegten sich knapp 1000 pro Monat über dem sonstigen Durchschnitt der Vorjahre. Damit die Zentrale Notaufnahme für schwer und schwerstkranke COVID- und non COVID-Patienten weiter handlungsfähig bleibt, bitten wir Patient*innen mit leichten und mittelschweren Beschwerden, primär die Hausärzte und Notdienste der KV zu konsultieren, bevor sie die Zentrale Notaufnahme des Klinikums aufsuchen.

Eine aktuelle Befragung unter unseren COVID-Intensiv-Pflegeteams zeigt, dass der Unmut und das Unverständnis gegenüber Ungeimpften steigt. Die Schwere der Krankheitsverläufe bis hin zum Tod sowie die Begleitung der Angehörigen stellen für die Mitarbeitenden eine große emotionale und psychische Belastung dar. Ferner belastet sie die hohe Auslastung der COVID-Bereiche zu Lasten der Versorgung von non-COVID Patient*innen. Viele empfinden die Haltung der Ungeimpften als unsolidarisch gegenüber anderen Erkrankten aber auch gegenüber den Mitarbeitenden.

Aus Sicht der stark belasteten Kliniken und im Hinblick auf die Sicherstellung der medizinischen Versorgung der Gesamtbevölkerung ist die Erhöhung der Impfquote in der Region und in Baden-Württemberg von besonderer Bedeutung. Hier sind neben dem Ausbau der Impfinfrastruktur insbesondere die Umsetzung der 2G Regelung besonders wichtig.

Aktuelle Personalsituation

Derzeit sind 10 Mitarbeitende im Klinikum Karlsruhe positiv auf SARS-CoV-2 getestet.

Im Bereich des Pflege- und Funktionsdienstes fallen aktuell 142 Mitarbeitende durch Krankheit, Quarantäne oder Beschäftigungsverbot aus. Davon befinden sich 31 Mitarbeitende in Quarantäne oder im Beschäftigungsverbot.

Tagesaktuelle Situation

Link zu den tagesaktuellen Fallzahlen am Städtischen Klinikum Karlsruhe